Das Mikrobiom des Menschen, das heisst die Art der Bakterien, welche unseren Magendarmtrakt besiedeln, ist im Erwachsenenalter individuell unterschiedlich und hat ausgeprägte Wirkungen auf unseren Körper. Eine neue Studie mit Beteiligung des UniversitätsSpitals Zürich zeigt, dass das Mikrobiom bei Herzinfarktpatienten die Prognose mitbestimmt.
Bakterien im Magen bauen die Nahrung, die wir aufnehmen, in verschiedene Metabolite, chemische Verbindungen, die durch den Einfluss von Enzymen entstehen, ab. Diese werden danach im Darmtrakt aufgenommen und beeinflussen schliesslich die Funktion diverser Organe und des Körpers. So wandeln Bakterien das in Fleischprodukten, Eiern und fettreichen Milchprodukten enthaltene Lecithin und andere Substanzen in Trimethylamin-N-Oxid oder TMAO um, ein Abbauprodukt, welches im Herz-Kreislauf-System ungünstige Wirkungen entfaltet.
In einer gross angelegten Studie der Cleveland Clinic und der Kardiologie des Universitären Herzzentrums am UniversitätsSpital Zürich mit insgesamt über 2’000 Patienten konnten die schweizerisch-amerikanischen Autoren zeigen, dass die Blutspiegel von TMAO den Krankheitsverlauf nach Herzinfarkt beeinflussen. So sind hohe TMAO-Spiegel mit einem erhöhten Risiko für einen weiteren Herzinfarkt und einen Herztod verbunden. Die Studie wurde soeben im European Heart Journal publiziert (siehe Hinweise am Ende der Mitteilung).
Amerikanische Patienten wiesen interessanterweise höhere TMAO-Werte auf als Schweizer Patienten – möglicherweise aufgrund des höheren Fleischkonsums. Ebenso waren die Komplikationen nach Herzinfarkt bei amerikanischen Patienten häufiger als bei den Schweizer Patienten. Dies weist darauf hin, dass Unterschiede in der Ernährung und im Mikrobiom wesentlich zum Verlauf nach Herzinfarkt beitragen.
Die Erkenntnis, dass die körpereigenen Bakterien unsere Gesundheit mitbestimmen, ist ein völlig neuartiges Konzept in der Herzmedizin. Weitere Studien müssen nun zeigen, ob und welche Art der Umstellung der Ernährung bei Infarktpatienten mit hohen TMAO-Spiegeln im Blut das Risiko für weitere Ereignisse und Tod verringert.
Ansprechpartner für Fragen:
Prof. Thomas F. Lüscher, Direktor der Klinik für Kardiologie und Leiter des Universitären Herzzentrums, UniversitätsSpital Zürich, cardio@tomluescher.ch oder 044 255 21 21.
Studie: „Gut microbiota-dependent trimethylamine N-oxide in acute coronary syndromes: a prognostic marker for incident cardiovascular events beyond traditional risk factors“, by Xinmin S. Li et al. European Heart Journal. doi:10.1093/eurheartj/ehw582
Die Studie ist online abrufbar unter http://eurheartj.oxfordjournals.org/content/early/recent