Gicht (Arthritis urica)

Urikopathie, Urikose

Gicht ist eine weit verbreitete Stoffwechselerkrankung, die durch plötzlich auftretende, schmerzhafte Entzündungen in den Gelenken gekennzeichnet ist. Diese gehen oft mit Schwellungen, Rötungen und einer eingeschränkten Beweglichkeit einher. Besonders häufig betroffen ist das Grundgelenk des grossen Zehs, doch auch andere Gelenke können betroffen sein.

Die Erkrankung tritt häufiger bei Männern und in fortgeschrittenem Alter auf. Ursache ist ein dauerhaft erhöhter Harnsäurespiegel im Blut, der die Bildung und Ablagerung von Harnsäurekristallen in den Gelenken zur Folge hat. Diese Ablagerungen können zu den typischen, schmerzhaften Entzündungsreaktionen führen.

Obwohl Gicht eine chronische Erkrankung ist, lässt sie sich meistens gut behandeln. Eine Kombination aus Medikamenten, die den Harnsäurespiegel regulieren und Anpassungen der Lebensgewohnheiten kann die Symptome lindern und die Häufigkeit von Gichtanfällen verringern.

Was ist Gicht?

Gicht ist neben Diabetes eine der häufigsten Wohlstandserkrankungen. Bei Gicht kommt es zu einer erhöhten Harnsäurekonzentration im Blut (Fachbegriff: Hyperurikämie). Überschreitet die Harnsäure im Blut eine bestimmte Konzentration, kann unser Organismus sie nicht mehr vollständig ausscheiden. Es bilden sich winzige, nadelförmige Kristalle, die sich an verschiedenen Stellen im Körper ablagern. Diese Kristalle werden auch als Urate bezeichnet. Urate können sich in den Gelenken (Arthritis urica), im Weichteilgewebe (Gichttophi) und in inneren Organen wie den Nieren (Nierengries, Nierensteine) ablagern.

Die Ablagerung von Harnsäurekristallen in den Gelenken löst eine Entzündungsreaktion aus, die mit den schmerzhaften Beschwerden eines Gichtanfalls einhergeht. Wenn akute Gichtanfälle unbehandelt bleiben oder wiederholt auftreten, kann sich die Erkrankung zu einer chronischen Form entwickeln, die mit langfristigen Gelenkschäden und weiteren gesundheitlichen Komplikationen einhergeht.

Welche Formen der Gicht gibt es?

Man unterscheidet zwischen zwei Formen der Gicht: der primären und der sekundären Gicht. Beide haben unterschiedliche Ursachen, verlaufen jedoch ähnlich.

  • Primäre Hyperurikämie (angeborene Gicht)
    Primäre Hyperurikämie bezeichnet eine erhöhte Harnsäurekonzentration im Blut, die durch genetische Faktoren oder eine Störung im Purinstoffwechsel verursacht wird. Dabei produziert der Körper entweder zu viel Harnsäure oder kann diese nicht ausreichend ausscheiden. Primäre Hyperurikämie ist häufiger erblich mitbedingt und stellt die Hauptursache für Gicht dar.
  • Sekundäre Hyperurikämie (Gicht als Folge einer Krankheit)
    Sekundäre Hyperurikämie tritt auf, wenn ein erhöhter Harnsäurespiegel im Blut aufgrund anderer Erkrankungen oder externer Faktoren entsteht. Ursachen können zum Beispiel Nierenkrankheiten, bestimmte Medikamente (wie Diuretika), eine Chemotherapie oder übermässiger Alkoholkonsum sein.

Wie lange dauert ein Gichtanfall?

Ein Gichtanfall dauert ohne Behandlung in der Regel zwischen 3 und 14 Tagen. In den ersten Tagen sind die Schmerzen besonders stark, bevor sie sich allmählich bessern. Auch wenn die Symptome abklingen, bleibt der Harnsäurespiegel oft erhöht, was zu weiteren Anfällen führen kann. Eine frühzeitige Behandlung kann die Dauer und Intensität des Anfalls deutlich reduzieren.

Gicht: Ursachen und Risikofaktoren

Gicht wird häufig durch genetische Veranlagung verursacht, die zu einer verringerten Ausscheidung von Harnsäure führt.

Ungesunde Lebensgewohnheiten wie Übergewicht, Bewegungsmangel, eine zu fleischlastige Ernährung und übermässiger Alkoholkonsum erhöhen das Risiko eines Gichtanfalls.

Erkrankungen wie Bluthochdruck, Niereninsuffizienz oder eine schlecht eingestellte Zuckerkrankheit können das Risiko ebenfalls steigern. Akute Erkrankungen (beispielsweise Lungenentzündung), Operationen oder Traumata können ebenfalls einen Gichtanfall auslösen.

Andere Erkrankungen wie Leukämie, Psoriasis oder Nierenerkrankungen können die Harnsäureproduktion steigern oder deren Ausscheidung verringern und so das Gichtrisiko erhöhen. In seltenen Fällen kann Gicht durch eine genetische Überproduktion von Harnsäure, wie beim Lesch-Nyhan-Syndrom, verursacht werden.

Bestimmte Medikamente, wie Zytostatika, können ebenfalls einen Gichtanfall begünstigen.

Ein weiterer Risikofaktor ist das Geschlecht: Männer sind häufiger betroffen und erleben ihren ersten Gichtanfall oft zwischen dem 40. und 45. Lebensjahr. Frauen sind in der Regel erst nach den Wechseljahren gefährdet, was auf den schützenden Einfluss der weiblichen Geschlechtshormone bis zu diesem Zeitpunkt hindeutet.

Symptome Gicht: Anzeichen und Warnsignale erkennen

Gicht entwickelt sich meist schleichend über viele Jahre hinweg. Bis zum ersten Gichtanfall merken die Betroffenen meist nichts von ihrer Erkrankung. Typische Symptome eines ersten akuten Gichtanfalls sind sehr starke Schmerzen im betroffenen Gelenk. In 60 Prozent der Fälle macht sich die Gicht zuerst am grossen Zeh bemerkbar. Bei einem akuten Gichtanfall ist das betroffene Gelenk stark entzündet, geschwollen, gerötet und berührungsempfindlich. Schon das Gewicht einer leichten Bettdecke oder einer Socke kann zu viel sein. Es ist möglich, dass sich die Entzündung auch auf die Sehnenscheiden und die Schleimbeutel ausweitet. Seltene Begleiterscheinungen eines Gichtanfalls können Kopfschmerzen, Fieber, Übelkeit und Herzrasen sein.

Gicht: Diagnose und Untersuchungen

Dia Diagnosestellung einer Gicht basiert in der Regel auf einer Kombination aus klinischen Symptomen, Laborwerten und bildgebenden Verfahren. Der Goldstandart zur Diagnosestellung einer Gicht besteht in der Gewinnung von Gelenksflüssigkeit, um diese unter dem Mikroskop auf das Vorliegen von Harnsäurekristalle zu untersuchen. In der Blutuntersuchung finden sich teilweise (jedoch nicht immer) erhöhte Harnsäurewerte und erhöhte Entzündungsparameter. Bildgebende Verfahren wie Ultraschall, Röntgenaufnahmen oder spezielle Computertomographien können zusätzliche Hinweise für das Vorliegen einer Gicht liefern.

Bei Verdacht auf Gicht ist es ratsam, eine Hausärztin/einen Hausarzt oder eine Rheumatologin/ einen Rheumatologen aufzusuchen, um die Diagnose zu bestätigen und eine passende Behandlung einzuleiten.

Gicht vorbeugen durch richtige Ernährung und Bewegung

Jeder Mensch hat Harnsäure im Blut. Sie entsteht im Körper beim Abbau von Purinen – das sind Stoffe, die unser Körper für die Zellentwicklung benötigt. Er bildet sie einerseits im Stoffwechsel selbst und andererseits nehmen wir Purine mit der Nahrung auf.

Ein erhöhter Harnsäurespiegel im Blut bedeutet nicht, dass man zwangsläufig an einer Gicht erkranken wird. Es besteht jedoch das Risiko, dass die Sättigungsgrenze für die Harnsäure im Blut überschritten wird und es zu Ablagerungen von Harnsäurekristallen kommt und dadurch zu einer (akuten) Gicht.

Der Harnsäurespiegel lässt sich bis zu einem gewissen Grad durch den Lebensstil und die Ernährung beeinflussen.

Der Verzehr von purinreichen Lebensmitteln wie rotem Fleisch, Innereien und Meeresfrüchten sollte reduziert werden, da Purine im Körper zu Harnsäure abgebaut werden. Zudem wird empfohlen, ausreichend Wasser zu trinken, um die Ausscheidung von Harnsäure zu fördern. Fructosehaltige Getränke und Lebensmittel (insbesondere auch Softdrinks) gilt es zu vermeiden. Regelmässige Bewegung, das Vermeiden von Übergewicht und der massvolle Konsum von Alkohol, insbesondere Bier, können ebenfalls zur Vorbeugung beitragen.

Gicht Früherkennung: Wie merke ich Gicht?

Gicht zeigt sich meistens als plötzlich auftretender, intensiver Schmerz in einem oder mehreren Gelenken, der oft mit Rötung, Schwellung und Wärme einhergeht. Am häufigsten betroffen ist das Grosszehengelenk, aber auch Knie, Sprunggelenke oder Finger können betroffen sein. Der Schmerz tritt meist nachts auf und kann mehrere Tage anhalten. In vielen Fällen sind diese Anfälle die ersten Anzeichen einer Gicht. Langfristig kann es bei fehlender oder unzureichender Therapie zu wiederholten Anfällen kommen.

Gicht Prognose: Gute Chancen bei rechtzeitiger Behandlung

Sowohl ein akuter Gichtanfall als auch eine chronische Gicht lassen sich durch gezielte Medikation gut behandeln, wodurch mögliche Spätfolgen (Gelenks- oder Nierenschädigungen, Gichttophi) verhindert werden können.

Neben der medikamentösen Therapie spielt auch eine gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung eine Rolle.

Behandlung Gicht: Was hilft bei Gicht?

Ein akuter Gichtanfall sollte ärztlich behandelt werden. Je früher eine gezielte Behandlung begonnen wird, desto besser. Unbehandelt kann eine Gicht chronisch werden und dauerhaft Gelenke, Haut und Nieren schädigen.

Welche Medikamente helfen gegen Gicht?

Die Behandlung der Gicht folgt einem klar strukturierten Ansatz, der auf den jeweiligen Zustand und die Schwere der Erkrankung abgestimmt ist.

Zunächst wird die akute Entzündungsreaktion behandelt, um die Schmerzen schnell zu lindern. Dies erfolgt durch die Gabe von entzündungshemmenden Medikamenten wie nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), Kortison oder Colchizin. Diese Medikamente wirken schnell und effektiv, um die Symptome zu lindern.

Wird Gicht chronisch oder treten wiederholt Gichtanfälle auf, kommt eine langfristige Therapie ins Spiel, die darauf abzielt, den Harnsäurespiegel im Blut zu senken. Dies ist entscheidend, um künftige Schübe zu verhindern und die Entstehung von Gichttophi (harnsäurehaltige Ablagerungen in Geweben) oder Nierenschäden zu vermeiden. Hierzu werden Medikamente eingesetzt, die die Harnsäureproduktion hemmen oder deren Ausscheidung über die Nieren fördern.

Ein wichtiger Aspekt ist die Prophylaxe zu Beginn einer harnsäuresenkenden Therapie. Durch den schnellen Abfall des Harnsäurespiegels kann es in den ersten Monaten vermehrt zu Gichtschüben kommen. Um diese zu verhindern, wird empfohlen, gleichzeitig mit entzündungshemmenden Medikamenten eine vorbeugende Therapie zu starten, um das Risiko für zusätzliche Schübe zu minimieren.

Medikamente in der Übersicht:

  • NSAR bei Gicht: Bei einem akuten Gichtanfall helfen hochdosierte, entzündungshemmende Schmerzmittel. Gute Erfolge erzielen nicht-steroidale Antirheumatika (kurz NSAR) z.B. mit dem Wirkstoff Diclofenac oder Ibuprofen.
  • Kortison: Bei eingeschränkter Nierenfunktion oder Kontraindikationen für NSAR kann Kortison eingesetzt werden. Entweder als Tablettenform oder auch direkt in das betroffene Gelenk mit einer Spritze.
  • Colchizin: Colchicin ist ein Alkaloid der Herbstzeitlosen. Es wirkt bei niedriger Dosierung entzündungshemmend und kann ebenfalls bei einem akuten Gichtanfall verschrieben werden.
  • Interleukin- 1 Hemmer: Interleukin- 1 ist ein wichtiger Botenstoff bei der Entzündungsreaktion einer Gicht und kann gezielt blockiert werden. Die Therapie mit Anakinra oder Canakinumab ist kostenintensiv und bedarf einer Kostengutsprache der Krankenkasse.
  • Urostatika: Um den Harnsäurespiegel dauerhaft zu senken, kommen in erster Linie Urostatika zum Einsatz. Urostatika wie Allopurinol und Febuxostat erhöhen die Harnsäureausscheidung über die Niere und senken so den Harnsäurespiegel im Blut.
  • Urikosurika: Urikosurika mit den Wirkstoffen Benzbromaron, Probenecid oder Lesinurad senken die Harnsäureproduktion und führen dadurch zu einer Senkung des Harnsäurespiegels im Blut.

Gicht: Operation bei Verformungen und Gichtknoten

In schweren Fällen können Verformungen und Gichtknoten operativ behandelt werden.

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