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Verbesserte Heilungschancen bei Blutkrebs

Fortschritte in der Forschung haben in den letzten Jahren auch bei Leukämien neue Behandlungsmethoden gebracht und die Heilungschancen verbessert. Alexandre Theocharides, Spezialist für Blutkrebs am Universitätsspital Zürich, gibt dazu Auskunft.

Herr Theocharides, man spricht bei Leukämie auch von Blutkrebs. Wie entsteht die Krankheit?

Grundsätzlich bezeichnet Leukämie eine Gruppe von Erkrankungen, bei denen die Bildung von weissen Blutkörperchen im Knochenmark entartet ist. Es wird zwischen chronischen und akuten sowie zwischen myeloischen und lymphatischen Leukämien unterschieden. Aufgrund einer Fehlfunktion gelangen nicht funktionsfähige weisse Blutkörperchen ins Blut. Weil sie sich rasch vermehren, verdrängen sie die normale Blutbildung im Knochenmark. Es kommt zu einem Mangel an gesunden weissen Blutkörperchen, roten Blutkörperchen sowie Blutplättchen.

Welche Auswirkungen hat dieses Ungleichgewicht im Blut?

Durch den Mangel an roten Blutkörperchen wird der Körper mit zu wenig Sauerstoff versorgt und die Leistungsfähigkeit nimmt ab. Die gestörte Bildung weisser Blutkörperchen führt zu einer Beeinträchtigung der Immunabwehr, der Körper wird anfällig für Infektionen. Letztlich kann ein Mangel an Bluttplättchen zu einer Blutungsneigung mit z.B. Nasen- oder Zahnfleischbluten führen. Bei den lymphatischen Leukämien kann es zu einer Zunahme der weissen Blutkörperchen in Organen wie Milz, Leber, Mandeln, Lymphknoten und anderem Körpergewebe kommen. Die Organe können sich dadurch stark vergrössern.

Wie verläuft die Krankheit?

Teilen und vermehren sich die Blutzellen in einem sehr frühen und unreifen Stadium ihrer Entwicklung und teilen sich die Krebszellen rasch, schreitet auch die Krankheit schnell voran. Man spricht dann von einer akuten Leukämie, die unbehandelt innerhalb weniger Wochen bis Monate zum Tod der Betroffenen führt. Im Gegensatz dazu schreiten die chronischen Leukämien langsamer fort. Vielen ist die so genannte Altersleukämie (chronische lymphatische Leukämie) bekannt, die meist bei älteren Menschen auftritt und auch ohne Behandlung oft langsam verläuft.

Gibt es spezielle Risiken für eine Leukämieerkrankung? Wer ist am häufigsten betroffen?

In der Schweiz erkranken pro Jahr etwa 1200 Menschen erstmals an einer Leukämie, Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Etwa die Hälfte der Leukämiepatientinnen und -patienten ist zum Zeitpunkt der Diagnose über 70 Jahre alt. Häufig entsteht Leukämie aus einem gesunden Zustand heraus. Es gibt aber Risikofaktoren wie Rauchen, die Exposition gegenüber Chemikalien oder ionisierenden Strahlen sowie eine Chemo- oder Strahlentherapie bei einer früheren Krebserkrankung.

Bei welchen Anzeichen sollte man an eine Leukämie denken?

Die Symptome sind meist unspezifisch. Erste Anzeichen können z.B. eine Infektion sein, die nicht abheilt, unerklärte Blutungen oder Abgeschlagenheit und ein Leistungsknick. Halten solche Beschwerden über längere Zeit an, sollte man sie ohnehin abklären lassen. Den ersten Hinweis auf eine Leukämie – oder deren Ausschluss – liefert meistens schon ein unter dem Mikroskop untersuchtes Blutbild. Für die exakte Diagnose wird Knochenmark entnommen und mit verschiedenen Methoden untersucht: Wir erfahren so, um welche Leukämie es sich genau handelt und können die Therapie gezielt darauf abstimmen.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es heute? Kann eine Leukämie auch geheilt werden?

Die Forschung hat in den letzten Jahren auch bei Leukämieerkrankungen grosse Fortschritte gemacht. Heute können wir viele verschiedene Unterarten von Leukämien unterscheiden und die Behandlung individuell auf die Form abstimmen, an der die Patientin oder der Patient leidet. Früher gab es vorwiegend Chemotherapien. Sie sind auch heute noch wichtig, häufig werden sie aber mit einer Immuntherapie oder einer zielgerichteten Therapie kombiniert. Wir erreichen so die höchste Wirksamkeit. Einen Teil der Leukämien können wir heute auch heilen. Bei manchen Patienten ist dafür eine Transplantation von Blutstammzellen nötig.

Mehr zur Behandlung

Wie funktioniert eine Stammzellentransplantation?

Dabei werden dem Patienten gesunde Stammzellen von einem Spender oder einer Spenderin übertragen. Bevor diese übertragen werden, wird beim Empfänger mit einer hochdosierten Chemotherapie die Blutbildung und somit auch das Immunsystem heruntergefahren. Die transplantierten Zellen bringen dann neue Blutstammzellen mit, die die Blutbildung im Empfänger übernehmen. Das neue Immunsystem kann sich dann im Körper etablieren, dort über Jahre verbleiben und wiederauftauchende Krebszellen beseitigen. Bei Kindern und jungen Erwachsenen mit einem Rückfall einer akuten lymphatischen Leukämie können auch gentechnisch veränderte T-Zellen eingesetzt werden. T-Zellen sind dafür zuständig, fremde Zellen und Erreger zu erkennen und zu vernichten. Krebszellen können den T-Zellen aber aus dem Weg gehen. Mit dem CART-Verfahren kann man die T-Zellen des Patienten so verändern, dass sie gezielt die Krebszellen angreifen. Bei etwa der Hälfte der behandelten Patientinnen und Patienten zeigt diese CAR-T-Zelltherapie Langzeiterfolge.

Verantwortliche Fachperson

Alexandre Theocharides, Prof. Dr. med.

Leiter klinische Studien CCCZ, Klinik für Medizinische Onkologie und Hämatologie
Leitender Arzt, Klinik für Medizinische Onkologie und Hämatologie

Tel. +41 44 255 37 82
Spezialgebiete: Myeloproliferative Neoplasien (MPN), Akute myeloische Leukämie (AML), Hämatologische Diagnostik