Voraussetzung für die Studienteilnahme ist eine Behandlungsdauer von mindestens 4 Wochen. Wenn Ihr behandelnder Arzt die Prednisontherapie beenden will und Sie noch mindestens eine Tagesdosis von 7.5 mg einnehmen (auch eine entsprechende Dosis eines anderen Präparates ist möglich), können Sie eingeschlossen werden. Zunächst wird die körpereigene Cortisolproduktion mit dem sog. "Synacthentest"gemessen. Dabei wird mittels je einer Blutentnahme vor und nach Verabreichung eines stimulierenden Hormones die Cortisolkonzentration im Blut gemessen. Das Resultat bleibt dabei bis zum Abschluss der Studie unter Verschluss, auch für die Studienärzte. Sie werden in der Folge mittels Zufallsprinzip einer von zwei Behandlungsgruppen zugeteilt: die eine Gruppe erhält Prednison, das über 4 Wochen kontinuierlich ausgeschlichen wird, die andere ein Scheinpäparat (Placebo) ohne Wirkstoff, wodurch ein abruptes Absetzen des Prednison erreicht wird. Weder Sie noch der Studienarzt oder ein anderer Arzt weiss, welcher Gruppe Sie zugeteilt wurden. Nach 1, 5, 12 und 26 Wochen werden sie telefonisch kontaktiert und systematisch über Ihren Krankheitsverlauf, Ihr Wohlbefinden und eine allfällige erneute Prednisoneinnahme befragt. Wenn Sie in der Nähe von Basel, Luzern oder Aarau wohnen, werden wir Sie auch bitten, zu diesen Zeitpunkten für eine körperliche Untersuchung und Blutentnahme (samt "Synacthentest") ins Spital zu kommen. Nach Abschluss der Studie werden wir analysieren. ob sich bei beiden Gruppen der Krankheitsverlauf und der Bedarf für eine unvorhergesehene Prednisonbehandlung unterscheidet.
Ziel der Studie
Im Rahmen der Studie werden keine neuen Medikamente getestet. Die Studie soll die Frage beantworten, ob auch nach längerer Behandlungsdauer mit einem synthetischen Cortisolpräparat (über mindestens 4 Wochen mit insgesamt mindestens 420 Milligramm) das Medikament ohne Ausschleichen gestoppt werden darf, ohne dass dadurch ein ungünstiger Verlauf resultiert. Dies ist die erste Studie überhaupt, in der das sofortige Absetzen mit einem Ausschleich-Schema direkt verglichen wird. Bestätigt sich die Studienhypothese, kann künftig auf die unnötige Verlängerung von Prednisonbehandlungen verzichtet werden, was angesichts des ungünstigen Nebenwirkungsprofils wünschbar wäre. Falls sich zeigt, dass das abrupte Stoppen doch Nachteile hat gegenüber dem Ausschleichen, gäbe es auch für letzteres Vorgehen erstmals eine wissenschaftlich fundierte Grundlage.
Wer kann teilnehmen?
Es können Patientinnen und Patienten an der Studie teilnehmen, die aufgrund einer entzündlichen Erkrankung über mindestens 4 Wochen mit einem synthetischen Cortisolpräparat (meist Prednison oder Prednisolon) behandelt wurden und bei denen der behandelnde Arzt diese Behandlung beenden will. Beispiele solcher Krankheiten sind: verschiedene Formen von Rheuma (z.Bsp. rheumatoide Arthritis, Riesenzellarteritis, Polymyalgie), entzündliche Darmerkrankungen (z.Bsp. Morbus Crohn oder Colitis ulzerosa), Erkrankungen des blutbildenden Systems (z. Bsp. autoimmunhämolytische Anämie), Lungenentzündungen (z.Bsp. kryptogene organisierende Pneumonie), oder auch Tumorkrankheiten (z.Bsp. Lymphome).
Ablauf
Cortisol ist ein körpereigenes, in den Nebennieren gebildetes Hormon, das wichtige Stoffwechselfunktionen steuert und in Stresssituationen zur Erhaltung eines ausreichenden Blutdrucks und Blutzuckerspiegels dient. Prednison und andere synthetisch hergestellte Cortisol-ähnliche Medikamente werden zur Entzündungshemmung bei einer Vielzahl von Krankheiten in Tablettenform oder als Injektionen verabreicht. Beispiele sind rheumatische Erkrankungen, entzündliche Darmerkrankungen, gewisse Erkrankungen des blutbildenden Systems, Erkrankungen des Nervensystems, oder Tumorerkrankungen. Prednison hat viele unerwünschte Arzneimittel-Wirkungen, wie Gewichtszunahme, Schwächung von Knochen- und Bindegewebe, Erhöhung des Blutdrucks, oder erhöhte Blutzuckerspiegel bis hin zum Diabetes. Eine oft beobachtete Nebenwirkung von Prednison ist die Unterdrückung der körpereigenen Produktion von Cortisol. Dieser Effekt dauert über die Beendigung der Prednisontherapie hinaus an. Es ist im Einzelfall jedoch unmöglich vorherzusagen, ob eine solche Unterdrückung der Nebennierenfunktion auftreten wird oder nicht und wie lange eine solche ggf. dauern wird. Deswegen führt man in der klinischen Medizin vor der geplanten Beendigung der Prednisontherapie oft einen Labortest durch, welcher die Frage beantwortet. Bei diesem sogenannten Synacthentest spritzt man ein zweites Hormon, Synacthen, welches die Nebennieren zur Cortisolproduktion und –ausschüttung in die Blutbahn ankurbelt, und misst den Cortisolspiegel im Blut 30 und 60 Minuten nach der Injektion. Sind die gemessenen Cortisolspiegel erniedrigt, wird Prednison nicht abrupt abgesetzt, sondern die Dosis in kleinen Schritten reduziert, bevor es nach Wochen schliesslich ganz gestoppt wird. Dieses Vorgehen ist zwar medizinisch einleuchtend, wissenschaftlich bislang aber nicht belegt. Es ist nicht untersucht, ab welcher Dosis, in welchen Schritten und über welche Zeitdauer die Prednison-Medikation ausgeschlichen werden soll. Es ist nicht einmal klar, ob ein Ausschleichen überhaupt nötig ist, auch wenn im Synacthentest tiefe Cortisolspiegel gemessen werden. In einer eigenen Untersuchung mit über 200 Patienten, die mit Prednison behandelt wurden, haben wir auch bei ungenügendem Resultat im Synacthentest und trotz abrupter Beendigung der Therapie keinerlei ungünstigen Folgen beobachtet, und die gezielte Befragung nach Symptomen eines Cortisolmangels ergab keinen Unterschied zu Personen mit normalem Testresultat. Es ist also davon auszugehen, dass in vielen Fällen, wo Prednison ausgeschlichen wird, unnötigerweise eine wochenlange Verlängerung der Behandlung stattfindet wird, was bekanntermassen die Nebenwirkungsgefahr erhöht. Die vorliegende Studie soll deshalb die Hypothese prüfen, dass auch nach längerer Behandlungsdauer mit Prednison (mindestens über 4 Wochen mit insgesamt mindestens 420 Milligramm) das Medikament abrupt gestoppt werden darf, ohne dass dadurch ein schlechterer Verlauf resultiert. Die Beobachtungsdauer ist 6 Monate nach Studieneinschluss. Um eine genügende Aussagekraft zu erhalten, werden 573 Patienten für die Untersuchung benötigt, wovon die Prednisonbehandlung bei der einen Hälfte über vier Wochen ausgeschlichen und bei der anderen abrupt gestoppt wird. Teilnehmer der letzteren Gruppe erhalten statt Prednison gleich aussehende Schein-Präparate (Placebo). Über die Gruppenzuteilung entscheidet der Zufall, und weder Teilnehmer noch Prüfarzt kennen die Gruppenzugehörigkeit (Doppelblind-Prinzip). Zur Beurteilung des Verlaufs wird in beiden Gruppen die Zeit verglichen, die verstreicht bis zum erstmaligen Auftreten eines oder mehrerer der folgenden Ereignisse: Hospitalisation, Anzeichen eines Cortisolmangels, Tod, oder ungeplante Wiederbehandlung mit Prednison oder einem anderen Cortisol-ähnlichen Medikament (zum Beispiel wegen eines Rückfalls der ursprünglich mit Prednison behandelten Krankheit). Es soll zudem untersucht werden, ob der Synacthentest geeignet ist, das Auftreten dieser Ereginisse vorherzusagen. An alle Teilnehmenden werden sicherheitshalber Prednisontabletten abgegeben; diese sind in Situationen mit erhöhtem Cortisolbedarf, zum Beispiel bei fieberhaften Erkrankungen, einzunehmen (sog. Stressprophylaxe).
Dies ist die erste Studie überhaupt, in der das Absetzen von Prednison mit einem Ausschleich-Schema direkt verglichen wird. Bestätigt sich die Studienhypothese, kann künftig auf die unnötige Verlängerung von Prednisonbehandlungen verzichtet werden, was angesichts des ungünstigen Nebenwirkungsprofils wünschbar wäre. Falls sich zeigt, dass das abrupte Stoppen doch Nachteile hat gegenüber dem Ausschleichen, gäbe es auch für letzteres Vorgehen erstmals eine wissenschaftlich fundierte Grundlage.
Entschädigung
Wenn Sie bei dieser Studie mitmachen, so ist dies für Sie kostenlos. Auslagen wie Reisespesen, die nur durch die Studienteilnahme bedingt sind, werden wir Ihnen vergüten.
Original Studienname
Glucocorticoid withdrawal and glucocorticoid-induced adrenal insufficiency: a randomized controlled multicenter trial (“Taper Or Abrupt Steroid STop“)
BASEC-Nummer
2016-00487
Sponsoren
Schweizerischer Nationalfond