Eine Erweiterung der Hauptschlagader kann gefährlich werden. Früh erkannt, lässt sich ein Aortenaneurysma aber gut überwachen. Nicht immer ist dann eine Operation nötig, erklärt der Gefässchirurg Alexander Zimmermann.
Herr Zimmermann, wie entsteht ein Aneurysma?
Der Blutstrom, die Blutmenge und die verschieden grossen Gefässe führen zu einem ständigen Druck auf die Gefässe des Körpers. Mit dem Alter oder durch Ablagerungen verlieren die Gefässe an Elastizität, dadurch können Schwachstellen an den Gefässwänden entstehen und dort mit der Zeit Aussackungen bilden. Eine solche Erweiterung wird in der Medizin von einer gewissen Grösse an als Aneurysma bezeichnet.
Gibt es Zahlen zur Häufigkeit und zum Vorkommen bei Männern und Frauen?
Angeborene Aneurysmen sind sehr selten, die meisten bilden sich Lauf des Lebens. Prinzipiell können sich bei allen Gefässen Aneurysmen bilden. Die Erweiterung der Hauptschlagader, der Aorta, ist die häufigste Form. Etwa 4-8 Prozent der über 65-jährigen Männer und 0.5 bis 1.5 Prozent der über 65-jährigen Frauen haben ein solches Aortenaneurysma.
Gibt es Faktoren, welche die Entstehung begünstigen?
Der Hauptfaktor ist der normale Alterungsprozess. Das Risiko steigt aber mit allen für den Herz-Kreislauf schädlichen Einflüssen wie Rauchen, Bluthochdruck, Übergewicht und erhöhten Blutfettwerten.
Welche Risiken sind mit einem Aortenaneurysma verbunden?
Normalerweise hat die Hauptschlagader je nach Stelle einen Durchmesser von 1.5 bis 3 Zentimeter. Von einer krankhaften Erweiterung spricht man ab 3 Zentimeter, ab etwa 5 bis 5.5 Zentimeter ist eine Aortenerweiterung behandlungsbedürftig. Mit der grösser werdenden Ausstülpung wird die Gefässwand wie ein Ballon immer stärker gedehnt und kann schliesslich teilweise oder ganz reissen, was zu Blutungen ins Körperinnere führt. Das ist ein lebensgefährlicher Notfall, der eine sofortige Operation erfordert. Je nach Lage, kann sich das Aneurysma auf die Leistungsfähigkeit des Herzens auswirken. Kann die Aortenklappe wegen der Gefässerweiterung nicht mehr richtig schliessen, schwemmt jeder Herzschlag Blut ins Herz zurück. Das Herz wird dauernd überlastet, was zu einer Herzinsuffizienz führen kann.
Wie wird eine erweiterte Hauptschlagader erkannt?
Wie alle Aneurysmen macht auch das Aortenaneurysma meistens keine Beschwerden. Oft wird es deshalb zufällig entdeckt, etwa beim Röntgen oder bei einer Ultraschalluntersuchung. Mit speziellen Verfahren und Tests können wir die Grösse und Beschaffenheit des Aneurysmas dann analysieren und beurteilen.
Und wie wird nach der Diagnose behandelt?
Bei den meisten Aneurysmen besteht keine akute Gefahr. Sie müssen lediglich regelmässig kontrolliert werden, um frühzeitig zu erkennen, ob sie wachsen. Eine wichtige Massnahme ist die Anpassung des Lebensstils, also das Rauchen aufzugeben, Übergewicht abzubauen und den Blutdruck zu senken. Wächst das Aneurysma oder droht es einzureissen, muss es behandelt werden.
Welche Methoden gibt es dann, um einen Riss der Hauptschlagader zu verhindern?
Der betroffene Abschnitt der Schlagader kann durch eine Prothese ersetzt werden. Bei manchen Patienten reicht es, ein kurzes Stück zu ersetzen, manchmal ist auch der Ersatz der ganzen Aorta nötig. Damit die Prothese perfekt passt, wird sie deshalb für jeden Patienten und jede Patientin massgeschneidert. Am USZ können wir auch grosse Prothesen, die die gesamte Aorta ersetzen, minimalinvasiv platzieren. Dafür braucht es nur wenige kleine Hautschnitte, der Brustkorb oder Bauchraum muss nicht geöffnet werden. Mit dieser Methode können wir auch Personen helfen, die sonst wegen ihres schlechten Gesundheitszustands nicht operiert werden können.
Kann man einem Aneurysma vorbeugen?
Warum und bei wem sich ein Aortenaneurysma bildet, weiss man nicht genau. Man kann aber einiges tun, um das Risiko dafür so gering wie möglich zu halten. Dazu trägt alles bei, was die Gefässe fit hält: Nicht rauchen, eine gesunde Ernährung, Übergewicht reduzieren und die regelmässige Kontrolle des Blutdrucks sowie der Blutfett- und Blutzuckerwerte. Vorsorgeuntersuchungen der Aorta mit Ultraschall ab einem gewissen Alter finde ich sinnvoll, aber sie sind (noch) kein Standard in der Schweiz. Falls in der Familie schon Fälle vorkamen, sollte man seinen Arzt oder seine Ärztin unbedingt darauf aufmerksam machen.