Das USZ engagiert sich seit Langem für mehr Nachhaltigkeit. Seit einem Jahr bündeln Stephan Seiler und Natalie Amicabile von der Fachstelle Corporate Responsibility die Aktivitäten und beraten zum Thema. Im Interview geben sie Auskunft über Highlights und Knacknüsse ihrer Arbeit.
Stephan Seiler und Natalie Amicabile, warum engagiert sich das USZ überhaupt für mehr Nachhaltigkeit?
Stephan Seiler: Als verantwortungsvolles Unternehmen möchten wir einen Beitrag leisten, um die ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit zu stärken. Schon rein aufgrund der Grösse unseres Spitals entfalten unsere Aktivitäten eine beträchtliche Wirkung.
Können Sie ein Beispiel geben?
Natalie Amicabile: Zur Behandlung unserer gegen 40’000 stationären Patientinnen und Patienten und für unsere mehr als 800’000 ambulanten Besuche verbrauchen wir mehr Energie pro Jahr als die Einwohner der Stadt Uster. Wenn wir den Energieverbrauch zum Beispiel um zwei Prozent senken, hat dies in absoluten Zahlen eine grosse Wirkung auf die Umwelt und unsere Energiekosten.
Inwiefern unterscheiden sich die Nachhaltigkeitsbestrebungen im Spital von denen anderer Unternehmen?
NA: Ich finde, das Thema Nachhaltigkeit gehört fast schon natürlich zum USZ. Die Fachpersonen aus Ärzteschaft und Pflege sind ja seit jeher für das Gemeinwohl tätig. Sie kümmern sich um die Patientinnen und Patienten, erforschen medizinische Innovationen und bilden Fachpersonal im Gesundheitswesen aus. Dass sich das USZ auch für die Gesundheit des Planeten einsetzt, macht doppelt Sinn, denn von einer gesunden Umwelt profitieren letztlich auch die Patientinnen und Patienten.
StS: Genau. Und spannend wird es auch dann, wenn Medizinerinnen und Mediziner zu den gesundheitlichen Folgen von veränderten Umweltbedingungen forschen – zum Beispiel zur Frage, was Nanopartikel von Kunststoffen im Körper bewirken.
Und welche konkreten Nachhaltigkeitsthemen gibt es nur im Spital?
StS: Im medizinischen Bereich sind etwa die Narkosegase ein wichtiges Thema. Einige davon haben eine tausendfach grössere klimaschädigende Wirkung als CO². Unsere Anästhesiologie konnte den Einsatz dieser Gase in den letzten Jahren massiv reduzieren.
Was konnte das USZ in Sachen Nachhaltigkeit bisher erreichen?
StS: Da gäbe es viel zu berichten. Wenn ich ein Thema herausgreifen soll: Ich finde es toll, wie das USZ in den letzten Jahren die Energieeffizienz stetig steigern konnte.
NA: Für mich gehören die Fortschritte bei der sozialen Nachhaltigkeit zu den Highlights – vor allem im Bereich der inklusiven Unternehmenskultur, der Lohn- und Chancengleichheit und bei der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.
Die USZ-Fachstelle Diversity & Inclusion engagiert sich stark in diesen Themen. Was kann das USZ noch besser machen?
StS: Es gibt immer Luft nach oben. Bei der Beschaffung von Produkten könnten wir den Nachhaltigkeitsaspekten zum Beispiel mehr Gewicht geben und bei den Lieferanten konsequenter einfordern, dass die Waren ökologisch und sozial produziert werden.
Wo sehen Sie die grössten Hebel, um die Nachhaltigkeit des USZ weiter zu fördern?
NA: Einen riesigen Schritt vorwärtsbringen wird uns der Neubau Campus MITTE1|2, der derzeit realisiert wird. Er ist mit dem Vorzertifikat «Gold-Standard » für nachhaltiges Bauen ausgezeichnet worden. Aber es gibt auch viele kleine Hebel, denn alle Mitarbeitenden können innerhalb ihrer Kompetenzen etwas bewirken.
Wo liegen die grössten Knacknüsse bei Ihrem Einsatz für mehr Nachhaltigkeit?
NA: Herausfordernd ist sicher, dass die Themen oft sehr komplex sind. Ich arbeite zum Beispiel bei einem Projekt mit, bei dem es darum geht, Massnahmen gegen zu hohe Raumtemperaturen im Sommer zu treffen. Hier setzen wir punktuell Klimageräte ein. Weil sich deren Einsatz negativ auf die Umwelt auswirkt, haben wir hier einen Zielkonflikt. In diesem Fall gewichtet das USZ die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten sowie der Mitarbeitenden höher als die ökologische Nachhaltigkeit.
Was sind für Sie die zentralen Punkte auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit am USZ?
StS: Damit wir wissen, wo wir stehen, müssen wir die Messbarkeit sicherstellen. Das heisst, wir müssen Daten erheben – zum Beispiel zum Energieverbrauch, zum Abfall oder zu den CO²-Emissionen. Auf dieser Grundlage werden wir unsere strategischen Ziele festlegen. Um die Transparenz zu erhöhen, wollen wir über das Jahr 2024 erstmals einen Nachhaltigkeitsbericht nach einem international anerkannten Standard publizieren.
NA: Nachhaltigkeit ist kein Endzustand, sondern eine stetige Entwicklung. Dabei sind eine gesunde Fehlerkultur und die Motivation zentral. Zum Glück spüren wir ganz stark, dass viele Mitarbeitende sich mit Leidenschaft für mehr Nachhaltigkeit einsetzen.