Gegen Kopfschmerzen gibt es wirksame Therapien. Entscheidend sind die sorgfältige Abklärung und die genaue Diagnose. PD Dr. med. Heiko Pohl, Spezialist für Kopfschmerzen, gibt Auskunft zu häufigen Fragen.
Herr Pohl, Kopfschmerzen gehören zu den häufigsten Beschwerden. Wer leidet am meisten darunter?
Kopfschmerzen können in jedem Alter auftreten, auch Kinder können schon betroffen sein. Die Verteilung auf Frauen und Männer ist insgesamt etwa gleich, bei den einzelnen Kopfschmerzarten gibt es jedoch geschlechtsspezifische Unterschiede. Von Spannungstypkopfschmerzen und Migräne sind mehr Frauen betroffen, von Clusterkopfschmerz mehr Männer.
Die Medizin kennt mehr als 200 Arten von Kopfschmerz. Wie unterscheiden Sie diese?
Kopfschmerzen können eine eigenständige Erkrankung sein, wir sprechen dann von primären Kopfschmerzen. Die drei genannten (Spannungstypkopfschmerzen, Migräne und Clusterkopfschmerz) sind in dieser Gruppe die häufigsten. Kopfschmerzen können aber auch im Zusammenhang mit einer anderen Erkrankung vorkommen. Wir nennen diese Gruppe sekundäre Kopfschmerzen. So können eine Infektion, eine Grippe oder eine Erkältung Kopfschmerzen auslösen, aber auch Bluthochdruck, eine Sehschwäche, Medikamente oder Verletzungen.
Die verschiedenen Kopfschmerzformen unterscheiden sich zudem, wie und wo sie wahrgenommen werden, also ob ein- oder beidseitig oder im gesamten Kopf, ob es zieht, bohrt, sticht oder pulsiert, sowie durch mögliche Begleiterscheinungen. So kommen bei der Migräne oft Übelkeit und Erbrechen hinzu, während beim Clusterkopfschmerz zusätzlich das Auge gerötet ist und tränt und die Betroffenen ruhelos sind.
Wann sollte man Kopfschmerzen ärztlich abklären lassen?
Schlagartig auftretende starke Kopfschmerzen sind ein Alarmsignal und Notfall und müssen sofort untersucht werden (s. Box). Spannungstypkopfschmerzen sind meist harmlos und vergehen in der Regel von selbst wieder. Treten Kopfschmerzen häufiger oder zum ersten Mal auf, sollte beim Hausarzt oder der Hausärztin eine erste Abklärung gemacht werden. Dann könnten auch eine Migräne, Clusterkopfschmerz oder eine andere Ursache dahinterstecken.
Kopfschmerzen als Notfall
Treten heftigste Kopfschmerzen schlagartig auf, kann dies Anzeichen einer Hirnblutung sein und muss notfallmässig abgeklärt werden. Auch wenn die Kopfschmerzen von Bewusstseins- oder Sprachstörungen, Lähmungserscheinungen begleitet werden muss sofort ärztlicher Rat eingeholt werden. Nehmen Kopfschmerzen über Tage langsam, aber stetig an Intensität zu, kann dies u.a. auf Entzündung oder Raumforderung hinweisen. Auch diese Art von Kopfschmerzen sollte sofort behandelt werden. Ein Notfall liegt auch vor, wenn Kopfschmerzen von schwerwiegenden Allgemeinsymptomen begleitet werden. Kopfschmerzen mit gleichzeitigem Fieber über 39,5 Grad können ein Zeichen für eine Gehirnhautentzündung sein.
Was wird für die Abklärung untersucht?
Das wichtigste ist ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten oder der Patientin, um zu erfahren, wie sich die Schmerzen anfühlen, wo sie wahrgenommen werden, wann und wie lange sie auftreten. Auch die eigenen Erfahrungen im Umgang mit den Schmerzen können wichtige Hinweise liefern, etwa, ob man sich während der Schmerzen hinlegen muss oder eher unruhig umhertigert, ob man das Licht ausschalten muss. Dafür ist ein Kopfschmerztagebuch hilfreich, in dem man über einige Zeit diese Informationen festhält. Zur Abklärung gehört auch eine körperliche Untersuchung, bei der die Muskulatur, Augenbewegungen, Hören und Sehen oder der Gleichgewichtssinn geprüft werden. Bei den meisten Patienten ergibt sich daraus schon ein eindeutiges Bild.
Wie geht es weiter, wenn die Diagnose unklar ist?
Über Veränderungen im Gehirn kann eine Magnetresonanztomographie Aufschluss geben. Manchmal sucht man im Blut nach Veränderungen. Solche Untersuchungen sind aber nicht immer nötig.
Wie werden Kopfschmerzen behandelt?
Ist die Ursache erkannt, können Kopfschmerzen gut und gezielt behandelt werden. Bei Spannungstypkopfschmerzen reichen häufig schon Verhaltensänderungen aus, um den Auslöser und damit die Kopfschmerzen loszuwerden, wie mehr Bewegung und Entspannung, Schlafgewohnheiten oder die Ernährung anzupassen. Steckt eine Sehschwäche hinter den Beschwerden, muss diese behandelt, bei anderen Patienten das Blutdruckmedikament angepasst werden. Bei primären Kopfschmerzen wie Migräne, die auch zyklusbedingt sein kann, aber auch gegen Clusterkopfschmerzen gibt es wirksame Medikamente und weitere Therapien.
Kopfwehsprechstunde
In unserer Kopfwehsprechstunde am Universitätsspital Zürich arbeiten wir eng in einem Team aus Spezialistinnen und Spezialisten verschiedener Fachbereiche zusammen. Das ist ideal, um Patientinnen und Patienten mit einem komplexeren Krankheitsbild rasch zu helfen.