Drei Personen mit VR-Brillen

Story

Reality Check im virtuellen Raum

Zuletzt aktualisiert am 18. Juli 2024 Erstmals publiziert am 07. Februar 2024

Dank Virtual-Reality-Brillen können sich Ärztinnen und Pflegefachleute schon heute durch die geplanten Räumlichkeiten der künftigen Neubauten MITTE1|2 bewegen und prüfen, ob die vorgesehenen Abläufe am neuen Arbeitsort taugen.

Wer sich die Virtual-Reality-Brille aufsetzt, taucht in eine völlig andere Welt ein. Vor den Augen erscheint der künftige Arbeitsort im heute noch nicht gebauten Spital – in 3D-Ansicht. Wer einige Schritte geht, bewegt sich damit gleichsam durch den virtuellen Raum. Wer den Kopf dreht, macht auch im virtuellen Raum einen Schwenk. Mit Controllern in beiden Händen kann man zusätzlich im Raum interagieren und mit einem Zeiger auf Dinge aufmerksam machen.

Mobiliar einfach herumschieben

Die Virtual-Reality-Plattform für die virtuellen Begehungen der Neubauten stammt vom Anbieter Inspacion. Sie bildet nicht nur die Grundrisse ab, sondern auch die vorgesehene Möblierung. Betten oder Geräte lassen sich im Raum herumschieben. Die Farben, die Materialisierung und die Lichtverhältnisse wirken aber bewusst nicht sehr realitätsgetreu. «Das ist auch nicht das Ziel», erklärt Claudia König, Projektleiterin Spitalbetrieb für die USZ-Neubauten MITTE1|2. «Die virtuellen Begehungen dienen vielmehr dazu, dass wir als Planer mit den künftigen Nutzern einfacher testen und simulieren können, ob die Räumlichkeiten ihren Bedürfnissen entsprechen oder nicht.»

Plötzlich reden alle vom selben

Und diese Prüfung ist nicht ganz einfach, denn Spezialisten aus Medizin, Pflege oder Logistik sprechen zwar über dieselben komplexen Probleme, aber in einer anderen Fachsprache als die Architekten und Planerinnen. «Die virtuellen Begehungen ermöglichen beiden Seiten, das Gegenüber besser zu verstehen und den Raum zu erleben», so Claudia König. Damit erleichterten sie die Kommunikation, wodurch auch die Planung effizienter werde, weil man weniger aneinander vorbeirede.

Stimmen die Abläufe?

Bei den virtuellen Begehungen im Rahmen von Planungsworkshops nimmt Claudia König jeweils zwei künftige Nutzer mit der VR-Brille mit auf eine Tour durch einen Raum – zum Beispiel durch einen Materialraum, ein Aufwachzimmer oder einen Operationssaal. Weitere Teammitglieder der Nutzer beobachten auf einem Screen, was die Personen durch die Brille erleben. Jetzt ist die Diskussion darüber eröffnet, was gut ist und wo es noch Anpassungen braucht: Schafft man es mit einem Patientenbett ums Eck? Ist das Möbel am richtigen Ort und auf der richtigen Höhe?

Fehlplanungen vermeiden

Dank der rund 50 Workshops, die das Projektteam vom Campus MITTE1|2 mit Vertreterinnen verschiedener Fachbereiche durchführte, konnten diverse Fehlplanungen vermieden werden. Alen Golubovic, Leiter Radiologiefachpersonen in der Klinik für Neuroradiologie des USZ: «Wir stellten so fest, dass ein radiologisches Gerät, der C-Bogen, falsch im Raum stand. Beim Eintritt in den Raum mit einem Patientenbett hätte die Gefahr bestanden, dass das Bett mit dem C-Bogen kollidiert.» Ein anderes Beispiel: In der Umlagerungszone im Vorbereitungsraum zur Magnetresonanztomographie stellten die Verantwortlichen fest, dass der Platz für Bett und Liege zu gering bemessen war. Auch für die Patientenhotellerie war die Begehung ergiebig. Abteilungsleiterin Ladina Westermann: « Wir bemerkten, dass die Abwaschmaschine und unsere Transportanlage am falschen Ort platziert waren. Allein aufgrund der Pläne hatten wir das zuerst nicht bemerkt.»

Mehr als Spielerei

Werden Fehlplanungen frühzeitig entdeckt, lässt sich mit geringen Kostenfolgen und Zeitverzögerungen umplanen. Werden sie hingegen erst bei der Inbetriebnahme festgestellt, wird es richtig teuer. Die medizinischen Fachbereiche können die virtuellen Begehungen auch für Schulungen und Change-Management-Workshops nutzen. Das Budget für die Herstellung von Mock-ups, also Nachbildungen geplanter Räume, kann wegen der virtuellen Begehungen stark reduziert werden. Ganz auf Mock-ups verzichten kann man indes noch nicht: Sie sind immer dann wichtig, wenn es um die Materialisierung geht – des Bodens etwa, der Tapeten oder des Mobiliars. Hier spielen Optik, Reinigung und Hygiene eine grosse Rolle.