Parkinson gehört zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen. Auch wenn Morbus Parkinson nicht heilbar ist, ermöglichen Medikamente und moderne Therapien eine Linderung der Beschwerden und Verbesserung der Lebensqualität.
Fabian Büchele ist Oberarzt in der Klinik für Neurologie am Universitätsspital Zürich und Spezialist für die Behandlung der Parkinson-Erkrankung.
Herr Büchele, was passiert bei einer Parkinson-Erkrankung im Gehirn und im Körper?
Wenn ein Mensch an der Parkinson-Krankheit leidet, gehen im Gehirn allmählich bestimmte Nervenzellen zugrunde. Es sind vor allem Zellen, die Dopamin produzieren, ein hormonähnlicher Botenstoff, der nötig ist, damit die Nervenzellen gut miteinander kommunizieren können. Der Dopaminmangel führt zu einer Störung dieser Kommunikation, was wiederum eine Reihe von Symptomen auslöst. Dazu gehört primär die Störung der Bewegungen, v.a. mit Bewegungsverlangsamung und Muskelsteifigkeit. In ca. 70 Prozent der Fälle tritt auch ein Zittern auf, das viele mit Parkinson verbinden.
Wie entwickelt sich die Krankheit weiter?
Die Krankheit führt auch zu Störungen im Nervensystem, das die inneren Organe versorgt. Daher leiden parkinsonbetroffene Personen auch an nichtmotorischen Störungen. Es können Verstopfung, Verlust des Riechvermögens und das Ausleben von Träumen in der Nacht auftreten, im weiteren Verlauf der Erkrankung auch andere Schlafprobleme, Blutdruckstörungen, Stimmungsschwankungen, Gedächtnisprobleme und generell Schmerzen. Natürlich treten nicht alle Symptome bei allen Betroffenen gleichermassen auf. Meist beginnt die Krankheit schleichend: mit Zittern, Verlangsamung oder Schlafstörungen. Ohne Therapie werden die Symptome mit der Zeit immer stärker und belastender. Alltägliche Verrichtungen wie Knöpfe schliessen oder ein Glas Wasser einschenken gehen nicht mehr, und die Sturzgefahr steigt durch die Unsicherheit beim Gehen. Zum Glück verfügen wir heute über zahlreiche Therapien, um die Lebensqualität deutlich zu verbessern.
Wie wird bei Parkinson die Diagnose gestellt?
In einem späteren Stadium ist die Diagnose meistens nicht so schwierig: die Kombination typischer Symptome und die Reaktion auf gewisse Medikamente geben gute Hinweise auf die Krankheit. Morbus Parkinson früh zu erkennen ist schwieriger. Hier sind die Auffälligkeiten meist subtiler. Vielleicht fällt auf, dass sich die Schrift verändert hat, das Zähneputzen fällt schwerer als bisher oder das Riechvermögen ist beeinträchtigt.
Es gibt bis heute keinen Bluttest und keine Bildgebung des Kopfes, die einfach die Diagnose ausspucken. Wir sind also vor allem auf die klinische Befragung und körperliche Untersuchung der Patientinnen und Patienten angewiesen. Bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRI) dienen uns dann nur zum Ausschluss alternativer Ursachen, denn die Parkinson-Erkrankung selbst macht ein unauffälliges Bild im Standard-MRI.
Wie geht es weiter, wenn die ersten Abklärungen nicht eindeutig sind?
Dann kann der so genannte DatScan hilfreich sein. Die Dopamin-produzierenden Neuronen, bzw. deren Mangel, können dafür mithilfe eines schwach radioaktiv-markierten Kontrastmittels dargestellt werden können. Damit kann im Zweifelsfall die klinische Verdachtsdiagnose bestätigt werden, was im Alltag aber oft nicht nötig ist. Ausserdem differenziert der DatScan nicht zwischen unterschiedlichen Parkinson-Erkrankungen, etwa zwischen dem typischen Morbus Parkinson und den in der Regel aggressiver verlaufenden so genannten atypischen Parkinsonsyndromen. Hier führen wir mitunter eine Untersuchung im Schlaflabor durch, um typische Auffälligkeiten im Nachtschlaf zu suchen, die uns bei der Unterscheidung helfen.
Man sollte also bei Veränderungen zum Arzt gehen?
Ja, bei Auffälligkeiten ist eine Abklärung immer angezeigt. Auch um auszuschliessen, dass eine andere Erkrankung vorliegt. Am besten wendet man sich an die Hausärztin oder den Hausarzt, die dann weitere Untersuchungen in die Wege leiten können.
Hat eine frühe Diagnose einen Einfluss auf die Therapie und den Verlauf der Behandlung?
Parkinson ist nicht heilbar und der Verlauf lässt sich auch nicht mit Medikamenten beeinflussen. Wir können jedoch die Einschränkungen behandeln und damit die Lebensqualität schon in einem frühen Stadium deutlich verbessern. Wir erleben nicht selten, dass Betroffene schon einen langen Weg hinter sich haben, bis die Diagnose gestellt wird und unter der Unklarheit sehr litten. Hier gibt eine frühere Diagnose Sicherheit.
Welche Therapien werden eingesetzt?
Vor allem Medikamente, die das fehlende Dopamin ersetzen. Im langjährigen Verlauf kann es bei Patienten zu sogenannten motorischen Fluktuationen kommen oder das Zittern kann mit Medikamenten nicht mehr genügend kontrolliert werden. Am USZ können wir Parkinson-Patientinnen und -Patienten dann weitere Möglichkeiten anbieten, darunter die tiefe Hirnstimulation, ein «Hirnschrittmacher», der gegen die motorischen Ausfälle und das Zittern hilft. Weiter gibt es Pumpen, die das Gehirn über eine Sonde vom Dünndarm aus kontinuierlich mit Dopamin versorgen. Gegen das Zittern hilft auch der fokussierte Ultraschall. Damit werden überaktive Nervenzellen gezielt erhitzt und abgetötet und das Zittern wird dadurch schlagartig besser.
Wer ist von Parkinson betroffen?
Parkinson ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen des Nervensystems. Rund 15’000 Menschen in der Schweiz leiden daran, wobei Männer etwas häufiger betroffen sind als Frauen. Die meisten sind bei der Diagnose über 60 Jahre alt, aber auch jüngere Menschen können betroffen sein. In der Regel ist nicht bekannt, warum bei genau dieser Person die Krankheit ausbricht. Es ist möglich, dass eine genetische Veranlagung geerbt wurde. Bei vielen dieser Patienten tritt die Krankheit schon vor dem 40. Lebensjahr auf und nahe Angehörige sind ebenfalls betroffen.
Wo steht die Forschung zu den Ursachen von Parkinson?
Die genaue Ursache und der Auslöser der zu den Veränderungen im Gehirn und damit zu Parkinson führt, ist immer noch nicht bekannt, obwohl intensiv daran geforscht wird. Heute wird allerdings immer klarer, dass es sich nicht um die eine Parkinson-Erkrankung mit der einen Ursache und dem einen Auslöser handelt. Eher haben wir es wahrscheinlich mit vielen unterschiedlichen Ursachen und Auslösern zu tun. Das erklärt auch, warum keine Parkinson-Erkrankung gleich verläuft.
Es gibt also keine Anhaltspunkte, wie man gezielt vorbeugen kann?
Leider nicht. Es gibt Hinweise darauf, dass Menschen, die viel Sport treiben, ein geringeres Risiko haben, später an Parkinson zu erkranken, und dass eine fleischlose oder -arme mediterrane Ernährung sich positiv auf das Risiko auswirkt. Untersuchungen aus Zürich, an denen auch das USZ beteiligt ist, zeigen einen Zusammenhang zwischen gutem Tiefschlaf und einer besseren Prognose. Empfehlenswert sind also auf jeden Fall allgemeine gesundheitsfördernde Massnahmen, also eine gute Ernährung, genügend Schlaf und regelmässige Bewegung.
Dr. med. Fabian Büchele ist Oberarzt in der Klinik für Neurologie am Universitätsspital Zürich und Spezialist für die Behandlung der Parkinson-Erkrankung.