Individuell werden die therapeutischen Massnahmen an das klinische Bild den Zustand und an die Bedürfnisse des Kindes und seiner Familie angepasst.
In der Physiotherapie behandeln wir einerseits Neugeborene mit orthopädischen oder neurologischen Auffälligkeiten mit individuell angepassten therapeutischen Massnahmen. Andererseits werden frühgeborene Kinder, die vor 32 Schwangerschaftswochen oder mit weniger als 1500 Gramm geboren wurden, betreut. Bei ihnen beginnt die Physiotherapie, wenn ein Gestationsalter von 32 – 33 Wochen erreicht ist. Die Frequenz und Dauer der Therapiesequenzen werden dem klinischen Bild, dem Verhaltenszustand, dem Tagesablauf des Kindes sowie wenn möglich, den Anwesenheitszeiten der Eltern angepasst.
Bei einem frühgeborenen Kind sind alle Organe bereits angelegt, jedoch noch unreif. Ein grosser Stressfaktor für das noch unreife Gehirn sind Umgebungsreize wie Geräusche, Licht oder Gerüche. Es ist hilfreich, wenn die Eltern ihr Kind gut kennen und seine Zeichen verstehen oder «lesen» lernen. So können sie feststellen, ob ihr Kind beispielsweise müde oder hungrig ist, ob die Umgebung zu hell oder zu laut ist, ob es gestresst ist oder es vielleicht seine Position verändern möchte. Gemeinsam mit ihnen entwickeln wir Möglichkeiten, wie Eltern ihr Kind dabei unterstützen können, z.B. nach Stress wieder zur Ruhe zu finden.
Im Vergleich zur intrauterinen Umgebung ist die Bewegungsfreiheit, durch die Schwerkraft, Kabel und Schläuche eingeschränkt. Auch die Positionierung in der atemerleichternden Bauchlage lässt wenig Spielraum für vielfältige Bewegungen.
In Zusammenarbeit mit der Pflege werden die Kinder so in Seitenlage, Bauchlage oder Rückenlage positioniert, dass sie einerseits möglichst entspannt sein können, gleichzeitig aber auch Aktivität möglich ist. Für die Entwicklung des Gehirns und für die motorische Entwicklung ist es enorm wichtig, dass die Neugeborenen unterschiedlichste Bewegungsmöglichkeiten ausprobieren und ausführen kann.
In der Physiotherapie zeigen wir den Eltern, wie sie ihr Kind bestmöglich darin unterstützen können, sich variabel zu bewegen und positive Bewegungserfahrungen zu machen. Bei vielen frühgeborenen Kindern beobachten wir auch Auffälligkeiten des Muskeltonus (zu tiefe oder zu hohe Muskelspannung), Mühe beim Verdauen der Nahrung oder eine erhöhte Irritabilität. Zusammen mit den Eltern erarbeiten wir Unterstützungsmöglichkeiten und ein an die Bedürfnisse ihres Kindes angepasstes Handling. Primär wichtig ist dabei, dass wir langsam und achtsam sind, die Reaktion des Kindes beobachten und das eigene Handling direkt anpassen.
Vor Austritt wird in Anlehnung an die klinische Beurteilung im interprofessionellen Team besprochen, ob eine Fortführung der physiotherapeutischen Behandlung nach Austritt indiziert ist. Bei Bedarf wird diese im ambulanten Setting wohnortnah aufgegleist.
Videos mit Tipps für Eltern von frühgeborenen Kindern