Bestimmte Tumorarten können in Familien gehäuft auftreten – das kann an einer erblichen Veranlagung liegen. Ein Gentest bringt Klarheit, ob das Krebsrisiko erhöht ist. Die Folgen können gravierend sein.
Text: Helga Kessler
Die Patientin ist erst 28 Jahre alt, als sie die Diagnose erhält: Brustkrebs, dreifach negativ. Das bedeutet, dass der Tumor weder auf die Hormone Östrogen und Progesteron empfindlich ist, noch eine Überexpression am Rezeptor für HER2 aufweist. Damit fehlen Stellen, an denen Medikamente ansetzen können. «Diese Form von Brustkrebs ist besonders schwer zu behandeln und hat ein höheres Risiko, sich auszubreiten», sagt Esther Birindelli, Oberärztin der Klinik für Gynäkologie. Ist der Tumor dreifach negativ und die Brustkrebspatientin jünger als 60 Jahre, wird immer ein Gentest empfohlen. Stellt sich dabei heraus, dass eine Veränderung im Erbgut vorliegt, erhöht sich zudem das Risiko für Eierstockkrebs. Auch Familienmitglieder könnten dann betroffen sein.
Zellschäden werden nicht mehr repariert
Die meisten der jährlich in der Schweiz auftretenden 6’200 Fälle von Brustkrebs haben keine erbliche Ursache. Nur bei 5 bis 10 Prozent aller Brustkrebserkrankungen sind die Gene verändert, besonders häufig die «Reparaturgene» BRCA1 oder BRCA2. Die Eiweisse, die nach der Vorlage dieser Gene gebildet werden, sind dann nicht mehr in der Lage, Zellschäden zu reparieren. Damit wächst das Risiko für Krebs. Betroffene Frauen erkranken mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 bis 80 Prozent bereits im mittleren Alter an Brustkrebs. Im Bevölkerungsdurchschnitt ist das Brustkrebsrisiko deutlich niedriger, und die Erkrankungen treten eher später auf.
Bei der 28-jährigen Patientin waren auf väterlicher Seite eine Tante und die Grossmutter an Brustkrebs erkrankt, auf mütterlicher Seite eine Cousine. Tatsächlich zeigt sich beim Gentest eine krankmachende BRCA1-Mutation. Sie lässt sich deshalb das Brustdrüsengewebe unter der Haut auf beiden Seiten entfernen und die Brüste rekonstruieren. Das Risiko für Brustkrebs wird durch diese Operation am meisten gesenkt, wenn sie vor einer Erkrankung erfolgt. Regelmässige Kontrollen mit Ultraschall und MRI sollen sicherstellen, dass ein erneutes Aufflackern der Krebserkrankung bei der jungen Frau genug früh entdeckt wird. Ihr wird zudem geraten, die Eierstöcke spätestens im Alter von 40 Jahren vorsorglich entfernen zu lassen.