In praktisch allen westlichen Ländern wird die Darmspiegelung oder der Test auf Blut im Stuhl als Früherkennungsmassnahme für Darmkrebs empfohlen. Was aber, wenn weder das Eine noch das Andere in Frage kommt? Dann gibt es Ausweichmöglichkeiten – von denen die meisten aber nur in sehr speziellen Situationen sinnvoll sind. Für die Früherkennung von Darmkrebs bei beschwerdefreien Personen ist – wenn überhaupt – allenfalls die flexible Sigmoidoskopie eine Alternative.
Flexible Sigmoidoskopie
Diese «kleine Darmspiegelung» läuft ganz ähnlich ab wie eine «grosse Darmspiegelung» (Koloskopie), allerdings werden dabei nur die letzten circa 30 Zentimeter des Darms untersucht.
Deshalb geht die Sigmoidoskopie schneller und ist auch weniger belastend: Vorheriges Abführen ist nicht nötig, ein oder zwei Einläufe unmittelbar vor der Untersuchung genügen. Auf Wunsch kann sie ohne Schlaf- und Beruhigungsmittel durchgeführt werden, so dass man danach sofort wieder arbeitsfähig ist. Die meisten Fachärzte in der Schweiz raten aber zu einem Beruhigungsmittel.
Als Früherkennungsmassnahme alle fünf bis zehn Jahre durchgeführt, reduziert die Sigmoidoskopie sowohl die Anzahl der Darmkrebs-Erkrankungen als auch die Sterblichkeit daran um bis zu 76 Prozent.
Gut durchgeführt ist die Sigmoidoskopie also genauso treffsicher wie die Koloskopie: Von den kleinen Adenomen (Polypen) werden damit 75 Prozent entdeckt, grosse Adenome und Darmkrebs werden in 95 Prozent der Fälle gefunden.
Der Nachteil dieser Methode: Der Untersucher überblickt nur den letzten Darmabschnitt, in dem statistisch etwa 70 Prozent der Adenome und Tumore wachsen. Die anderen 30 Prozent hingegen entstehen in den Darmabschnitten, die bei der «kleinen Darmspiegelung» nicht untersucht werden.
Ernsthafte Komplikationen treten bei circa einer von 3000 untersuchten Personen auf.
Auch wenn einzelne Studien selbst nach einmaliger Sigmoidoskopie eine nachhaltige Wirkung über die Dauer von sechs bis 16 Jahren gezeigt haben, raten Fachleute, sie zur Darmkrebs-Früherkennung alle fünf Jahre zu wiederholen, am besten in Kombination mit einem jährlichen Test auf Blut im Stuhl (vor der Sigmoidoskopie).
Eine Simoidoskopie wird als reine Früherkennungsmassnahme weder von den Krankenkassen noch im Rahmen von kantonalen Screening-Programmen bezahlt.
Die flexible Sigmoidoskopie wird im USZ durchgeführt. Vereinbaren Sie einen Termin.
Virtuelle Koloskopie
Bei der auch «CT-» oder «MRI-Kolonographie» genannten Untersuchung wird der Dickdarm mit Hilfe eines Computertomografen oder eines MRI untersucht. Aus den Bildern erstellt eine Software ein dreidimensionales Bild des Darms und der benachbarten Organe.
Damit das in bestmöglicher Qualität klappt, ist vorheriges Abführen (und meist auch eine mehrtägige ballaststoffarme Diät) nötig, vergleichbar der Vorbereitung zur Darmspiegelung. Dem Abführmittel ist meist ein Röntgenkontrastmittel beigemischt. Der Aspekt, der bei der Darmspiegelung allgemein als am unangenehmsten empfunden wird, ist also auch bei der virtuellen Koloskopie notwendig.
Unmittelbar vor der Untersuchung wird ein Darm-entspannendes Medikament gespritzt. Über einen dünnen Schlauch im After wird dann Kohlendioxid in den Dickdarm geblasen, damit dieser sich ausdehnt und bei der tomografischen Untersuchung gut erkennbar ist. Dabei liegt die untersuchte Person in Bauchlage.
Bei etwa zwei bis drei von zehn untersuchten Personen mit einem verdächtigen Befund wird eine Koloskopie nötig, die – bei guter Organisation – im Anschluss gemacht werden kann, so dass kein erneutes Abführen nötig ist.
Nur etwa einer von fünf «verdächtigen» Befunden bei der virtuellen Koloskopie erweist sich tatsächlich als Darmkrebs. Wird hingegen nichts Auffälliges gefunden, besteht mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit kein Darmkrebs.
Bisher ist nicht erwiesen, dass diese Untersuchungsmethode – alle fünf Jahre zur Früherkennung eingesetzt – die Erkrankungszahl oder die Sterblichkeit an Darmkrebs senkt.
Die Vorteile der virtuellen Koloskopie sind: Die Untersuchung erfolgt auf Wunsch ohne Schlaf- und Beruhigungsmittel und das Risiko einer Darmverletzung ist kleiner als bei der Darmspiegelung. Die virtuelle Koloskopie ist bei grösseren Adenomen etwa so gut wie die Koloskopie.
Ihre Nachteile: Leicht übersehen werden dabei kleine Adenome sowie flache, serratierte Adenome, die sich mit grösserer Wahrscheinlichkeit zu Krebs entwickeln. Ausserdem ist die untersuchte Person im Computertomografen etwa 20 Sekunden lang Röntgenstrahlen ausgesetzt. Das MRI funktioniert auf magnetischer Basis.
Bei der virtuellen Koloskopie werden bei bis zu 27 Prozent der Untersuchten (also eine von vier Personen) Auffälligkeiten an benachbarten Organen gefunden, die je nachdem zu weiteren Untersuchungen und auch zu Ängsten führen können. Es kann ein Vorteil sein, wenn dabei zufällig eine Behandlungsbedürftige Erkrankung entdeckt wird, aber auch ein Nachteil, falls sich der Befund als «blinder Alarm» erweist.
Die virtuelle Koloskopie wird zur Früherkennung weder von den Krankenkassen noch im Rahmen von kantonalen Screening-Programmen bezahlt. Fachleute raten nur dann zur CT-Koloskopie, wenn der Darm nicht vollständig gespiegelt werden konnte (zum Beispiel wegen «Verwachsungen» nach Bauchoperationen), aber eine komplette Untersuchung des Dickdarms gewünscht wird. Von der virtuellen Koloskopie mittels MRI wird abgeraten, weil noch zu viele Fragen zum Nutzen offen sind.
Die virtuelle Koloskopie wird im USZ nicht angeboten.
Kapsel-Koloskopie
Dabei schluckt die Person, die untersucht wird, eine Kapsel mit einer winzigen Kamera im Innern. Während die Kapsel den Darm passiert, filmt die Kamera das Organ von innen und sendet die Bilder an ein Gerät, das mit einem Gürtel am Bauch befestigt wird. Ein Arzt wertet die Bilder dann aus.
Die Kapselkoloskopie gelingt nur mit aufwändiger Vorbereitung: Das Abführen vorher muss noch gründlicher erfolgen als bei der Darmspiegelung. Adenome ab einer Grösse von sechs Millimetern werden damit bei etwa acht von zehn Personen gefunden. Solche, die flach auf der inneren Darmwand wachsen wie die serratierten Adenome findet die Kamera kaum. Darmkrebs lässt sich damit in dem meisten Fällen aufspüren.
Die Trefferquote hängt bei der Kapsel-Koloskopie auch vom Arzt ab, der die Fotos auswertet. Zudem ist sie nicht in allen Darmabschnitten gleichermassen erfolgreich.
Bei etwa einer von zehn Personen ist diese Untersuchungsmethode nicht durchführbar, zum Beispiel weil die Kapsel den Darm zu rasch passiert oder Stuhlreste die Sicht behindern.
Im Vorhinein ist schwer zu sagen, wie lange sie auf ihrer durchschnittlich vier- bis fünfstündigen Reise durch den Magen-Darm-Trakt unterwegs ist bis sie schliesslich im WC hinuntergespült wird.
Falls bei der Untersuchung zum Beispiel ein Adenom gesehen wird, das entfernt werden sollte, muss meist ein zweiter Termin – mit erneutem Abführen vorher – für eine Darmspiegelung vereinbart werden.
Die Kapsel-Endoskopie ist nur zur Diagnostik bei Darmerkrankungen zugelassen, nicht aber zur Früherkennung. Fachleute raten auch davon ab, sie dafür einzusetzen. Sie wird von den Krankenkassen nur nach vorgängiger Kostengutsprache bezahlt.
Die virtuelle Koloskopie wird im USZ nicht angeboten.
Fäkaler DNA-Test
Der Stuhl enthält nicht nur verdaute Nahrung, sondern auch Zellen, die von der Darmschleimhaut – und auch von Adenomen und Tumoren – «abgeschliffen» werden. Jede dieser Zellen enthält das Erbgut (DNA). Das Erbgut von Tumorzellen unterscheidet sich jedoch von demjenigen normaler Zellen. Das macht sich dieser Test zunutze: Er sucht im Stuhl nach Tumor-DNA, je nach Test auch kombiniert mit der Suche nach Blutspuren im Stuhl (FIT-Test).
Bei erstmaliger Durchführung erkennt der kombinierte FIT-DNA-Test etwa 92 von 100 Darmkrebs-Erkrankungen und etwa 40 von 100 serratierten Adenomen. Er ist in diesem Punkt also etwas besser als der «FIT» allein. Gerade diese flachen, serratierten Adenome werden mit anderen Untersuchungsmethoden am ehesten übersehen.
Der «Preis» der besseren Treffsicherheit dieses Tests: Bei einer bis drei von zehn untersuchten Personen liefert er ein «falsch-positives» Ergebnis. Das heisst, er erkennt vermeintlich Krebs, wo keiner ist. Das löst unnötige Sorgen aus und zieht weitere Abklärungen nach sich (zumeist eine Koloskopie), bis am Ende feststeht, dass kein Darmkrebs vorhanden ist. Ein jährlich durchgeführter «FIT» ist besser und preiswerter als ein «FIT-Fäkaler DNA-Test» alle drei Jahre. Er kostet rund 500 Franken und wird zur Früherkennung weder empfohlen, noch von den Krankenkassen oder im Rahmen von kantonalen Screening-Programmen bezahlt.
M2-PK-Stuhltest
M2-PK ist die Abkürzung für ein Enzym (Pyruvatkinase Isoenzym Typ M2), das in verschiedensten Tumorzellen vorkommt, unter anderem in Darmkrebszellen. Erkennt der M2-PK-Stuhltest dieses Enzym im Stuhl, kann dies auf Darmadenome oder Darmkrebs hinweisen – oder auch nicht. Denn bisher ist dieser Test nicht so gut erforscht und treffsicher, wie es wünschenswert wäre. Deshalb wird davon abgeraten.
Vorteilhaft an dieser Untersuchung ist, dass sie relativ preiswert ist und beim Hausarzt gemacht werden kann oder zu Hause. Im Gegensatz zu den Blut-im-Stuhl-Tests kommt es beim M2-PK-Test auch nicht darauf an, ob ein Tumor gerade blutet oder nicht.
Den M2-PK-Stuhltest können Sie bei Ihrem Hausarzt, Ihrer Hausärztin durchführen.
Septin9-Test
Das Erbgut von Tumorzellen unterscheidet sich von demjenigen gesunder Zellen. Beispielsweise ist ein Gen namens «Septin9» bei Darmkrebszellen oft auf charakteristische Art chemisch verändert (methyliert). Nach dieser Veränderung sucht der Septin9-Test. Sein Vorteil ist, dass es für diese Untersuchung nur eine Blutprobe braucht. Dies wiegt jedoch die Nachteile nicht auf: Er erkennt bestenfalls Darmkrebs (und auch dies nicht zuverlässig), aber keine Adenome. Verglichen mit etablierten Früherkennungstests ist er relativ teuer – bei fraglichem Nutzen. Fachleute raten deshalb davon ab. Der Septin-Test wird weder von den Krankenkassen noch im Rahmen von kantonalen Screening-Programmen bezahlt.
CEA-Test
CEA («carcinoembryonisches Antigen») ist die Abkürzung für einen sogenannten Tumormarker bei Darmkrebs. Steigt der CEA-Wert im Blut an, deutet dies meist darauf hin, dass die Erkrankung fortschreitet. Zur Früherkennung bei Personen ohne Beschwerden taugt das CEA jedoch nicht, weil es nur etwa jeden zweiten Tumor anzeigt und überdies zu unspezifisch ist. Erhöhte Werte kommen zum Beispiel bei starken Rauchern vor, bei Personen mit Darmentzündungen oder Lebererkrankungen. Sinnvoll ist die CEA-Bestimmung aber bei Menschen mit Darmkrebs.