Überblick: Was ist ein Otosklerose?
Otosklerose schreitet langsam fort. Meist tritt sie zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf. Die Veränderungen beginnen oft schon lange, bevor sich die Symptome zeigen. Im Lauf von Jahren entstehen entzündungsähnliche Prozesse am Felsenbein. Dabei handelt es sich um den Knochen, in dem Ihr Innenohr liegt: Der gesunde Knochen löst sich auf, es entsteht schwammiges Gewebe, das später verhärtet.
Zu einer Hörstörung kommt es, wenn die Umbauprozesse im Bereich des sogenannten ovalen Fensters, dem Übergang von Ihrem Mittelohr zum Innenohr beginnen. Hier ist der Steigbügel beweglich befestigt. Dieses Gehörknöchelchen überträgt die Schallschwingungen auf die Flüssigkeit im Innenohr. Die entstehende Bewegung regt die dort liegenden Sinneszellen an, die den Reiz wiederum an den Hörnerv weiterleiten.
Wenn Sie an Otosklerose leiden, wuchert Gewebe um die Fussplatte des Steigbügels und mauert ihn regelrecht ein. Die elastische Aufhängung des Steigbügels verknöchert, er kann sich nicht mehr frei bewegen. Folglich kann er den Schall nicht mehr oder nur noch unvollkommen weiterleiten. Ihr Hörvermögen lässt allmählich nach. Sie werden schwerhörig (sogenannte Schallleitungsschwerhörigkeit), oder nehmen Ohrgeräusche (Tinnitus) wahr. Wenn die Haarzellen im Innenohr durch die Otosklerose zerstört werden, kann es sogar zu einer Ertaubung kommen. Meistens sind beide Ohren betroffen.
Otosklerose: Ursachen und Risikofaktoren
Etwa jede zehnte Person zeigt Veränderungen der Knochenstrukturen im Mittel- und Innenohr. Symptome einer Otosklerose entwickeln sich aber nur bei etwa einem Prozent der Bevölkerung. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer. Die Ursache der Erkrankung ist nicht vollständig geklärt. Fachleute vermuten, dass manche Virusinfektionen die Veränderungen im Innenohr auslösen können – etwa Masern, Mumps, Röteln. Weitere mögliche Ursachen:
- Auch Autoimmunreaktionen des Körpers, wenn er irrtümlich eigene Gewebe bekämpft, stehen als Ursache unter Verdacht.
- Erbliche Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle: Rund jede zweite betroffene Person hat mindestens ein Familienmitglied mit derselben Erkrankung. Zudem ist die Otosklerose in der weissen Bevölkerung stärker verbreitet als unter Menschen anderer Hautfarbe.
- Hormonelle Einflüsse können ebenfalls mitverantwortlich sein, wenn sich die Otosklerose entwickelt. Erste Symptome oder eine merkbare Verschlechterung zeigen sich bei Frauen nämlich oft, wenn sie hormonell verhüten oder schwanger sind.
Symptome: Schwindendes Hörvermögen
Wenn Sie an Otosklerose leiden, verschlechtert sich Ihr Hörvermögen allmählich. Anfänglich treten die Symptome zunächst auf einem Ohr auf. Im weiteren Verlauf der Erkrankung sind in etwa 70 Prozent der Fälle beide Ohren betroffen. Typische Symptome:
- In einer lauten Umgebung (beispielsweise an einer schwer befahrenen Strasse) hören manche Menschen mit Otosklerose besser als in einer leisen. Erklärung dafür ist, dass Betroffene zum einen störende Geräusche speziell in tieferen Tonlagen leiser hören
und zum anderen ihre Dialogpartner bei Lärm in der Umgebung lauter sprechen.
- Bei einigen Betroffenen entwickeln sich Ohrgeräusche (Tinnitus), die meist tief klingen.
- In manchen Fällen, wenn auch das sich im Innenohr befindliche Gleichgewichtsorgan betroffen ist, kann auch Schwindel entstehen.
Die zunehmende Verknöcherung schränkt die Beweglichkeit des Steigbügels immer mehr ein. Eine Verschlechterung kann sich mit Symptomen ähnlich einem Hörsturz äussern und sich anfangs wieder bessern. Doch unbehandelt schreitet die Schwerhörigkeit fort. Selten können auch die Haarzellen im Innenohr zerstört werden und es kann zu einer vollständigen Taubheit kommen.
Dabei gilt häufig: Je früher die Erkrankung auftritt, desto rascher entwickelt sie sich.
Otosklerose: Diagnose bei uns
Wenn Sie den Eindruck haben, dass Ihr Hörvermögen nachlässt, sind wir die richtige Anlaufstelle. Im frühen Stadium ist es allerdings nicht einfach, eine Otosklerose zu diagnostizieren.
Wir werden Sie erst einmal fragen, ob
- Sie in letzter Zeit einen viralen oder bakteriellen Infekt hatten.
- Familienmitglieder schwerhörig oder taub sind.
- Sie früher bereits an vergleichbaren Beschwerden litten.
- Sie kürzlich einen Unfall hatten.
Mit einer Tympanometrie untersuchen wir den Druck im Mittelohr und die Beweglichkeit des Trommelfells. Damit können wir feststellen, ob sich beispielsweise Flüssigkeit im Mittelohr befindet oder ob die Beweglichkeit der Gehörknöchelchen gestört ist. Meist zeigt sich anfangs keine Veränderung am Trommelfell und am Mittelohr. Mit einem Mikroskop können wir in den Gehörgang sehen (Otoskopie). Ist eine Entzündung die Ursache der Hörprobleme, zeigt sich eine deutliche Rötung des Gehörgangs und des Trommelfells.
Leiden Sie an einer Otosklerose, erscheinen Gehörgang und Trommelfell jedoch unauffällig. In seltenen Fällen können wir am Trommelfell einen rötlichen Bereich erkennen, das sogenannte Schwartze-Zeichen.
Stapediusreflexmessung bei Otosklerose
Mithilfe der Stapediusreflexmessung untersuchen wir die Funktion des Mittelohrs. Darüber können wir Aufschluss über die Beweglichkeit des Steigbügels (lat. stapes) gewinnen. Eine Otosklerose führt dazu, dass die Beweglichkeit herabgesetzt ist – dann liegt eine sogenannte Schallleitungsstörung vor.
Hörtest bei Otosklerose
Mittels eines Hörtests können wir bestimmen, wie weit Ihre Schwerhörigkeit bereits fortgeschritten ist und von welchem Teil des Ohrs die Hörschädigung ausgeht. Dazu schlagen wir die Stimmgabel an, halten sie vor das Ohr und setzen sie auf verschiedene Stellen des Schädelknochens. Sie sagen, wann Sie die Schwingung nicht mehr hören. Im Fall einer Otosklerose, bei der die Verknöcherung ausschliesslich im Mittelohr liegt, ist die Schalleitung gestört. Dann können die Schallwellen im Aussen- oder Mittelohr nicht weitergeleitet werden. Bei einer Schallempfindungsstörung geht die Hörstörung vom Innenohr, Hörnerv oder Gehirn aus (Kapsel-Otosklerose).
Weitere Untersuchungen bei Otosklerose
Eine sogenannte Sprachaudiometrie mit verschiedenen Sprachtests zeigt, ob Sie gesprochene Wörter bereits schlechter verstehen.
In einigen Otosklerose-Verdachtsfällen stehen uns weitere Untersuchungen zur Verfügung:
- Mit einer Computertomografie der Ohrregion können wir mögliche Veränderungen des Knochens und der Gehörknöchelchen erkennen erkennen.
- Eine Gleichgewichtsprüfung weist auf Probleme im Gleichgewichtsorgan hin.
- In einigen Fällen wird ausserdem eine Magnetresonanztomografie gemacht.
Otosklerose: Vorbeugen, Früherkennung, Prognose
Sie können einer Otosklerose nicht gezielt vorbeugen, etwa durch Ihren Lebensstil. Sollten aber Familienmitglieder bereits daran leiden, empfiehlt es sich, Ihr Hörvermögen regelmässig durch uns kontrollieren zu lassen. Wir können die Schallweiterleitung in Ihrem Mittelohr untersuchen und eine eventuelle Otosklerose in einem frühen Stadium erkennen. Das sollten Sie auch tun, wenn Sie Hörprobleme bekommen oder ein Tinnitus auftritt. Wird die Otosklerose frühzeitig erkannt, können Sie sie operativ behandeln lassen und den möglichen Folgeerscheinungen wie der Taubheit rechtzeitig vorbeugen.
Falls Sie an Otosklerose erkranken und sie frühzeitig behandeln lassen, ist die Prognose günstig: In über 90 Prozent der Fälle kann ein operativer Eingriff das Hörvermögen wesentlich verbessern oder Schwerhörigkeit ganz beseitigen. Sofern die Operation ohne Komplikationen verläuft und die Ohrtrompete (Tube oder eustachische Röhre) beider Ohren durchgängig sind, stellen anschliessend auch Flugreisen kein Problem dar.
Otosklerose: Eine OP verbessert das Hörvermögen
Unbehandelt schreitet die Verknöcherung stetig voran. Ein Hörgerät kann die zunehmende Schwerhörigkeit ausgleichen. Die einzige hilfreiche Therapie der Otosklerose ist die Operation die in Vollnarkose stattfinden: die Stapedotomie.
Stapedotomie bei Otosklerose
Die Therapie der Wahl ist die Stapedotomie. In etwa 90 Prozent der Operationen verbessert sie das Hörvermögen des Patienten oder der Patientin. Wir entfernen dabei nur den Steigbügelschenkel, während die Fussplatte bestehen bleibt. Dahinein bohren wir ein kleines Loch und führen eine Prothese ein, die wir am Amboss befestigen. Die Prothese kann Schallschwingungen wieder störungsfrei übertragen und so das Hörvermögen verbessern.
Zwei Wochen nach der Operation sind Sie in der Regel wieder arbeitsfähig. Als Nebenwirkung kann nach dem Eingriff für ein paar Tage Schwindel auftreten, der sich aber wieder legt. Manchmal verrutscht die eingesetzte Prothese, woraufhin die OP wiederholt werden muss. In Einzelfällen verschlechtert die OP das Hörvermögen.
Bei einem operativen Eingriff wird vom Institut für Anästhesiologie das individuell auf Sie angepasste Anästhesie-Verfahren ausgewählt.