Männer sterben häufiger an einer COVID-19-Infektion, Frauen haben dafür ein höheres Risiko, an Langzeitfolgen zu leiden. Dies konnte eine breit angelegte Studie zeigen und unterstreicht damit, wie wichtig es ist, bei der Beurteilung von Risikofaktoren auch das Geschlecht zu berücksichtigen.
Schon relativ bald gab es Hinweise darauf, dass die Sterblichkeit bei einer Infektion mit COVID-19 bei Männern höher ist als bei Frauen. Als weitere Risikofaktoren erkannt wurden Vorerkrankungen wie Herzkreislaufprobleme, Diabetes oder Übergewicht. Doch welche Rolle spielt das Geschlecht?
Geschlecht als Risikofaktor
In einer multizentrischen, prospektiven Kohortenstudie wollte Cathérine Gebhard, Oberärztin in der Klinik für Nuklearmedizin und Professorin für Gendermedizin an der Universität Zürich, zusammen mit weiteren Forschenden mehrerer Spitäler untersuchen, ob das Geschlecht einen Einfluss auf die Entwicklung von Langzeitfolgen hat. In die Studie wurde 5838 Personen, davon 44.6% Frauen, eingeschlossen, die zwischen Februar und Dezember 2020 in der Schweiz positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurden. 2799 Personen, davon 1285 Frauen, beantworteten rund 6 bis 9 Monate nach der akuten Erkrankung Fragen zu ihrem Befinden.
Das Ergebnis: Frauen berichteten signifikant häufiger über mindestens ein anhaltendes Symptom (43,0% vs.31.5%) als Männer. Besonders anfällig für ein Post-COVID-Syndrom erwiesen sich Frauen mit vorbestehenden psychischen Erkrankungen, kardiovaskulären Risikofaktoren und grösserem, selbst berichtetem häuslichen Stress. Als häufigstes andauerndes Symptom berichteten beide Geschlechter über verminderte Belastbarkeit.
Bei Fettleibigkeit sind die Männer im Nachteil
Eher überraschend hat die Studie auch gezeigt, dass Übergewicht die Wahrscheinlichkeit, ein Post-COVID-Syndrom zu entwickeln bei Männern erhöht, nicht aber bei Frauen. Ein schwerer Krankheitsverlauf mit Aufenthalt auf einer Intermediate- oder Intensivstation zeigte dagegen sowohl bei Frauen wie Männern ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Long Covid.
Reduziert wurde das Risiko dagegen, wenn die Person zum Zeitpunkt der Erkrankung für Dritte verantwortlich war, sei es für Kinder oder Verwandte, sei es aufgrund einer bestehenden Schwangerschaft oder bei Männern, wenn sie im Haushalt stark eingebunden waren.
Catherine Gebhard, Letzt-Autorin der Studie, fasst zusammen: «Die Studie hat aufgezeigt, wie wichtig es ist, das Geschlecht zu berücksichtigen, um das Risiko für ein Post-COVID-Syndrom besser einzuschätzen. Dann kann es gelingen, den Zugang zu Versorgung und Frühintervention besser auf die unterschiedlichen Bedürfnisse auszurichten».
Die Studie ist in einer Preprint-Version publiziert: Sex- and Gender-specific Risk Factors of Post-COVID-19 Syndrome: A Population-based Cohort Study in Switzerland | medRxiv